Montag, 30.06.2025

Bionik: Innovation durch Natur – Biomimikry in der Reinigungstechnologie

Das Wichtigste in Kürze:


Lotuseffekt


Die mikrostrukturierte Oberfläche der Lotusblume sorgt für eine extreme Wasserabweisung. Dieses Prinzip wurde von Barthlott & Neinhuis (1997) untersucht und findet Anwendung in Fassadenbeschichtungen, Textilien und Glas.


Haifischhaut


Die Hautstruktur von Haien reduziert Strömungswiderstände und erschwert die Anhaftung von Mikroorganismen. Forschungen von Dean & Bhushan (2010) haben gezeigt, dass diese Technik in der Medizintechnik und Schiffsbeschichtung genutzt werden kann.


Wassergewinnung der Wüstenkäfer


Der Nebeltrinker-Käfer nutzt spezielle Strukturen auf seinem Rücken, um Wasser aus Nebel zu kondensieren. Dieses Prinzip dient als Vorbild für Technologien zur Wassergewinnung in trockenen Regionen.


Kugelkäfer-Technologie


Der Kugelkäfer reinigt den Spalt zwischen seinem Panzer und seinem Kopf mit speziell angeordneten Bürsten und Mikrostrukturen. Forscher an der Hochschule Ansbach haben dieses Prinzip entdeckt und arbeiten daran, es für technische Anwendungen nutzbar zu machen.

Worum geht es?

Die Natur hat über Millionen von Jahren effiziente Lösungen zur Selbstreinigung entwickelt. Die Bionik nutzt dieses Wissen, um technische Anwendungen zu optimieren. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Prinzipien aus der Natur in der Reinigungstechnologie eingesetzt werden, um Oberflächen schmutzabweisend zu machen, Keime zu reduzieren und Reinigungsvorgänge effizienter zu gestalten.




Lotuseffekt – Selbstreinigende Oberflächen

Die Lotusblume ist ein Paradebeispiel für natürliche Selbstreinigung. Ihre Blätter besitzen eine mikrostrukturierte, hydrophobe Oberfläche, die Wasser abperlen lässt und dabei Schmutzpartikel mitnimmt. Diese Erkenntnis wurde von Barthlott & Neinhuis (1997) wissenschaftlich belegt.

 

Technische Anwendungen:

  • Fassadenfarben & Glasbeschichtungen: Gebäude können sich durch Regen „selbst reinigen“, was Wartungskosten und Reinigungsmittel spart.
  • Textilien & Outdoor-Bekleidung: Wasser- und schmutzabweisende Beschichtungen für Kleidung machen Materialien langlebiger und pflegeleichter.
  • Solarpaneele: Verschmutzung reduziert die Effizienz von Solarmodulen – mit einer Lotusbeschichtung bleibt die Oberfläche länger sauber.

Diese Technologie trägt zur Nachhaltigkeit bei, indem sie den Verbrauch von Reinigungsmitteln und Wasser reduziert.

Haifischhaut – Keimfreie und widerstandsfähige Oberflächen

Die Haut eines Haifischs besteht aus winzigen, eng angeordneten Schuppen, den sogenannten Dentikeln. Diese Struktur reduziert Strömungswiderstand und erschwert die Anhaftung von Mikroorganismen. Untersuchungen von Dean & Bhushan (2010) belegen, dass dieses Prinzip für antibakterielle Oberflächen genutzt werden kann.

 

Technische Anwendungen:

  • Krankenhäuser & Medizintechnik: Spezielle Beschichtungen für Türklinken, OP-Tische und Instrumente reduzieren das Infektionsrisiko.
  • Lebensmittelindustrie: Verpackungen mit haifischhautähnlichen Strukturen verhindern die Anhaftung von Bakterien und sorgen für hygienischere Bedingungen.
  • Schifffahrt: Schiffe mit haifischhautähnlichen Beschichtungen benötigen weniger Reinigungsmittel und Treibstoff, da sie weniger Bewuchs ansetzen.

Diese Technologie verbessert Hygiene und reduziert den Einsatz chemischer Reinigungsmittel.

Wassergewinnung der Wüstenkäfer

Bestimmte Wüstenkäfer, wie der Nebeltrinker-Käfer (Stenocara gracilipes), haben eine spezielle Oberflächenstruktur auf ihrem Rücken, die es ihnen ermöglicht, Wasser aus der Luft zu sammeln. Durch eine Kombination aus hydrophilen und hydrophoben Bereichen können sie Feuchtigkeit aus Nebel aufnehmen und in den Mund leiten. Diese Erkenntnisse wurden von Parker & Lawrence (2001) beschrieben.

 

Technische Anwendungen:

  • Wassergewinnung in ariden Regionen: Speziell beschichtete Netze und Materialien können Nebeltröpfchen effizient auffangen und in Trinkwasser umwandeln.
  • Nachhaltige Landwirtschaft: Systeme zur Luftfeuchtigkeitsgewinnung helfen, Bewässerungssysteme effizienter zu gestalten.

Kugelkäfer – Innovative Schmutzabweisung

Der Kugelkäfer (Gibbium psylloides) besitzt eine spezielle Mikrostruktur und angeordnete Bürsten, die es ihm ermöglichen, den Spalt zwischen seinem Panzer und seinem Kopf sauber zu halten. Forscher an der Hochschule Ansbach haben dieses Prinzip entdeckt und forschen weiter daran, um es für technische Anwendungen nutzbar zu machen.

 

Technische Anwendungen:

  • Partikeldichtungen: Die Mikrostruktur könnte als passive Dichtung gegen Staub und Schmutz in empfindlichen mechanischen Spalten eingesetzt werden.
  • Linearantriebe und Pneumatik Zylinder: Bei beweglichen Teilen wie Kolben oder Führungen könnte das Prinzip helfen, Ablagerungen in Führungsschlitzen zu minimieren und die Lebensdauer zu erhöhen.
  • Präzisionstechnik: Überall dort, wo mechanische Komponenten in staubiger Umgebung arbeiten, kann dieses Prinzip zu geringerem Wartungsaufwand und verbesserter Funktion beitragen.

Fazit

Die Bionik zeigt eindrucksvoll, wie natürliche Mechanismen als Vorbild für technische Innovationen dienen können. Biomimikry in der Reinigungstechnologie hilft, Ressourcen zu schonen, umweltfreundliche Lösungen zu entwickeln und Reinigungskosten zu reduzieren. Von selbstreinigenden Fassaden über antibakterielle Krankenhausausstattungen bis hin zu optimierten Produktionsprozessen – die Natur liefert uns Blaupausen für eine nachhaltigere Zukunft.

 

Wenn Sie mehr über bionische Innovationen und deren Anwendungsmöglichkeiten erfahren möchten, stehen wir Ihnen gerne für einen persönlichen Austausch oder weiterführende Informationen zur Verfügung.

Ansprechpartner

Nachhaltige Technologien - Materialeffizienz

Adrian Gegner

E-Mail:  a.gegner@hs-ansbach.de

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